Vegane Rhabarber-Joghurt-Pavlova - oder "Neuigkeiten aus der Welt der veganen Schäume"
Mit dem Rezept für die vegane Rhabarber-Joghurt-Pavlova möchte ich euch wie schon angekündigt, gerne meine Methode für das Lockern von Mousse zeigen.
Neben Aquafaba als die „klassischste“ Methode in der veganen Konditorei, einen stabilen Schaum herzustellen, zeige ich euch heute noch eine neue Methode, speziell zum Lockern von Mousse.
Ich glaube, wir alle finden Aquafaba (das Kochwasser von Kichererbsen oder anderer Hülsenfrüchte) toll – es ist einfach faszinierend, zu was dieses unscheinbare „Produkt“ fähig ist. Leider birgt es einen gewissen Nachteil: Man hat jedes mal ziemlich viele Kichererbsen zu verwerten, wenn man Aquafaba braucht. In einem normalen Haushalt ist das wahrscheinlich kein Problem, schließlich kann man sie ja auch einfrieren.
Denkt man jedoch an eine Konditorei, die jeden Tag Mousse herstellt, wird das schnell zu einer mittelgroßen Herausforderung.
Ein weiterer Wermutstropfen bei Aquafaba ist der leicht bohnige Geschmack. In Mousse au chocolat oder extrem süßen Baiser ist er kaum wahrnehmbar, in einem leichten Vanillemousse aber ziemlich sicher schon.
Ich denke, das sind die zwei Hauptgründe, warum sich schlaue Köpfe auf der ganzen Welt schon auf die Suche nach einer Alternative begeben haben
Kartoffelprotein?
Einige sehr bekannte vegane Pâtissiers benutzen mittlerweile Kartoffel-Protein zum Aufschlagen, was im Gegensatz zu Aquafaba auch backfähig ist und daher sowohl zum Beispiel für Macarons als auch für Mousse genutzt wird. Aquafaba kann man im Endeffekt nur trocknen, da es keine Eiweißstoffe mehr besitzt, die beim Backprozess noch denaturieren könnten, sprich stocken. Die Konsequenz davon ist, dass jede noch so toll aufgeschlagene Masse ab einer gewissen Temperatur gnadenlos wieder in sich einstürzt.
Die Sache mit dem Kartoffel-Protein finde ich sehr bemerkenswert. Letztes Jahr war ich bei Toni Rodriguez in Barcelona, dem Schöpfer der Methode, für einen veganen Back-Kurs. Es war beeindruckend, wie gleich sich das Kartoffel-Protein zu Hühnereiweiß verhält.
Leider sehe ich darin den Nachteil, dass es erstens mittlerweile ziemlich teuer ist (ursprünglich in Kraftfutter enthalten, nun in kleinen Döschen für viele Euros zu kaufen), zum anderen nicht so einfach zu bekommen. So weit ich weiß, gibt es sehr wenige Hersteller dafür.
Auf den ersten Blick etwas unkonventionell...
Wahrscheinlich liegt es an meinen bayrischen Genen, dass mir diese Verbindung irgendwann aufgefallen ist: Anfangs eher ein Spaß-Projekt, habe ich angefangen, mit Bierschaum zu tüfteln. Wenn man bedenkt, welch imposante Schaumkrone auf so manchem Weißbier zustande kommt, schien mir das nicht so abwegig.
Mir war natürlich schon am Anfang klar, dass ich nicht jedes Erdbeermousse-Törtchen in eine kleine malzige Alkohol-Bombe verwandeln kann, daher bin ich nach dem ersten Versuch mit Weißbier (welcher sogleich hervorragend geklappt hat und später in einem Bieramisú-Rezept verewigt wurde), sogleich auf ein alkoholfreies (0,0%-iges) Pils aus dem Norden umgestiegen. Auch das hat ein super Ergebnis erzielt. Mir hat sich natürlich die Frage gestellt, wie sich der Schaum dauerhaft halten lässt. Apfelpektin hat sich dafür von Anfang an hervorragend bewährt. Ich koche also sozusagen eine dünne Bier-Marmelade und schlage sie einfach auf – that´s it. Dieser Schaum ist zwar nicht so fest, wie beispielsweise Aquafaba, man muss ihn sich optisch eher wie nicht ganz perfekt aufgeschlagenes Eiweiß vorstellen. Er ist dafür aber so extrem feinporig und stabil, dass bereits eine kleine Menge ausreicht, um ein Mousse ausreichend zu lockern.
„Oben schreibt sie noch was von störendem Nebengeschmack…“ werdet Ihr euch jetzt denken und es steht euch wirklich zu 🙂 . Aber es ist so – es gibt überraschenderweise so gut wie keinen, was wohl an der verhältnismäßig kleinen Menge liegt, die benötigt wird.
Wenn das Mousse noch frisch ist, und in diesem Fall auch warm, dann merkt man eine leicht herbe Note. Wenn es abkühlt, geliert und durchzieht, ist sie verschwunden.
Ich benutze den Schaum für alle meine Mousse-Rezepte und bisher hat niemand etwas „außergewöhnliches“ feststellen können. Die Mousse-Petit-Fours und meine „Sahnetorte“ in der Konditormeisterprüfung habe ich auch damit gemacht und ich habe die Prüfung bestanden 🙂
Zurück zur Pavlova
Die Pavlova ist nicht umsonst in vielen Ländern so beliebt – ich finde das Zusammenspiel von dem knackigen, zuckrig-süßen Baiser, der Frische der Früchte und einer Creme einfach himmlisch.
Zunächst aber möchte ich euch vorwarnen, dass dieses Rezept für die vegane Pavlova mit dem Joghurtmousse etwas komplexer ist und man auf jeden Fall Zeit mitbringen sollte. Wahrscheinlich als Wochenend-Backprojekt gut geeignet, aber als schnelle Nachmittags-Action eher nicht.
Das liegt auch daran, dass das Joghurtmousse durchfrieren muss, damit man es aus den Formen nehmen kann. Man kann aber auch eine einfache Variante machen und anstatt Joghurtmousse zu machen, auf die Pavlovas einen Klecks einfachen Kokosjoghurt setzen. Geschmacklich passt das auch hervorragend.
Die Baiserschalen habe ich mit ganz normalem Aquafaba gemacht. Für Baiser aller Art ist Aquafaba nach wie vor die beste Lösung für mich.
Beim Rezept für das Joghurtmousse sei noch angemerkt, dass die Menge der Zutaten für den Bierschaum im Rezept leider eigentlich deutlich zu viel ist. Wir brauchen nur 45g Schaum und das lässt sich mit einer normalen Küchenmaschine unmöglich aufschlagen. Es ist natürlich schade um den Rest, aber dafür habe ich leider noch keine Lösung gefunden.
Meine Silikonformen, in die ich das Mousse abgefüllt habe, fassen 15ml. Falls ihr formentechnisch in die Richtung gar nichts habt, würde ich euch empfehlen, einfach eine große Pavlova zu machen und das Mousse in einem Ring (mit Frischhaltefolie einschlagen) einzufrieren.
Wenn ihr Gäste bekommt und die Pavlovas à la minute auf den Tellern zusammenbaut, werden die Baiserschalen gerade richtig von der Füllung aufgeweicht, sodass noch genug knackiger Baiser übrig bleibt. Wenn sie aber ein bisschen länger stehen, solltet ihr die Baiserschalen unbedingt mit weißer, veganer Schokolade auspinseln, damit die Füllung das Baiser nicht vollkommen aufweicht.
Auf dem Foto habe ich als Deko ein paar getrocknete Rhabarberschalen drappiert. Wie diese Schalen genau gemacht werden, erkläre ich in dem Rezept für den Rhabarber-Baiser-Kuchen.
vegane Rhabarber-Joghurt-Pavlova
Zutaten
Baiser-Schalen
90g Aquafaba
90g Zucker
5g Speisestärke
0,4g Salz
45g Puderzucker, gesiebt
Joghurt-Mousse
140g alkoholfreies Bier
20g Zucker
2,8g Pektin
1,6g Salz
50g Mandelmilch
0,5 Stk. Vanilleschote
25g Zucker
1g Johannisbrotkernmehl
0,7g Agar-Agar
20g Kokosöl, neutral
20g Mandelmus
110g Soja-Joghurt
Rhabarber
400g geschälten Rhabarber
2 Streifen Zitronenschale
100g TK-Himbeeren
30g Zucker
optional: Etwas weiße, vegane Schokolade zum Auspinseln der Schalen
Dekoration
frische Himbeeren
Zubereitung
Am Vortag das Joghurtmousse herstellen
- Für den Schaum das alkoholfreie Bier in einem kleinen Topf etwas erwärmen. Währenddessen Zucker (den ersten im Rezept aufgeführten), Pektin und Salz vermischen und unter Rühren in das Bier einrieseln lassen. Weiterhin Rühren, bis die Flüssigkeit kocht.
- Die Flüssigkeit in der Rührmaschine mit dem feinen Besen laufen lassen und aufschlagen. Das dauert eine Weile, da sie erst abkühlen muss, um die eingeschlagene Luft halten zu können.
- Während der Schaum aufgeschlagen wird, für die nächsten Schritte alles vorbereiten, da es später schnell gehen sollte: Mandelmilch, Mandelmus, das ausgekratzte Mark von der halben Vanilleschote und das neutrale Kokosöl in einen Topf geben. Den zweiten Zucker, das Johannisbrotkernmehl und den Agar-Agar zusammen in ein kleines Gefäß wiegen. Außerdem sollte die Waage noch griffbereit sein, ein Mixstab, ein Gummispatel, ein Spritzbeutel und die Form, in die ihr das Joghurtmousse einfüllen möchtet.
- Nun die Mandelmilch mit den restlichen Zutaten im Topf zunächst mit dem Schneebesen gut verrühren. Einen Blick auf den Schaum werfen, ob er schon aufgeschlagen ist. Erst dann kann es mit dem nächsten Schritt weitergehen. Sobald der Schaum fertig ist, kann er einfach weitergerührt werden, das ist nicht schlimm. Nun den zweiten Zucker mit den Bindemitteln vermischen. Die Mandelmilch-Mischung ein bisschen erwärmen und die Zucker-Mischung einrieseln lassen. Unter Rühren aufkochen.
- Die gekochte Mandelmilch-Mischung von der Herdstelle nehmen und den Soja-Joghurt einmixen. Jetzt ist der Punkt, an dem man nicht warten darf: Agar-Agar geliert nämlich bei 40°C. Das heißt, das Mousse muss sowohl fertiggestellt als auch eingefüllt werden, solange es noch gut warm ist.
- Von dem Schaum nun 45g zur Joghurt-Masse geben und damit vermischen. Bitte nicht wundern - das Mousse ist in dem warmen Zustand eher flüssig und das ist normal.
- Mit einem Spritzbeutel in die gewünschte Form geben und anschließend einfrieren.
Baiserschalen
- Vor dem Öffnen der Kichererbsen-Dose bitte einmal kräftig schütteln.
- Sichergehen, dass Rührschüssel und -besen sehr sauber und fettfrei sind.
- Dann Aquafaba, Salz und Stärke in die Rührschüssel geben und mittelschnell aufschlagen.
- Sobald ein weicher Schaum entstanden ist, nach und nach den Kristallzucker hinzugeben.
- Wenn das Aquafaba richtig gut aufgeschlagen ist (es bilden sich stabile Spitzen, die stehen bleiben), mit einem Gummispatel vorsichtig den Puderzucker unterarbeiten.
- Den Ofen auf 120°C Unter- und Oberhitze vorheizen.
- Entweder mit einem Spritzbeutel oder einem Löffel 15 Häufchen mit etwa 6cm Durchmesser auf zwei mit Backpapier belegte Bleche geben. Mit einem Teelöffel eine Mulde in der Mitte formen. Falls man jetzt in der Mitte das Blech durchsieht, noch ein bisschen Baiser in die Mitte geben, damit der Boden der Pavlova wieder geschlossen ist.
- Die Baiserschalen im Ofen für ca. 2 Stunden trocken. In die Ofentür eine Gabel oder ähnliches einklemmen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. Die Bleche zwischendurch tauschen.
- Die Schalen sind fertig, wenn sie sich problemlos vom Papier lösen und trocken sind.
Während die Schalen trocknen, das gefrorene Joghurtmousse aus der Form nehmen und auf einen Teller oder ein kleines Blech geben und im Kühlschrank auftauen lassen.
Rhabarber
- Den geschälten Rhabarber mit den gefrorenen Himbeeren, dem Zucker und den Zitronenschalen-Streifen in einen kleinen Topf geben und vermischen. Ca. 15 Minuten ziehen lassen, bis etwas Saft ausgetreten ist.
- Mit Deckel aufkochen lassen, dann ein paar Minuten köcheln lassen, bis der Rhabarber weich ist. Bitte gut darauf aufpassen, es geht sehr schnell und der Rhabarber zerfällt komplett. Das wäre bei diesem Rezept nicht gut, da tatsächlich die ganzen Stücke gebraucht werden.
Fertigstellung
- Wenn die Baiserschalen getrocknet und abgekühlt sind, können die Pavlovas fertiggestellt werden.
- Den Rhabarber in ein Sieb geben, damit die Flüssigkeit abläuft (ist auf den Bildern leider nicht zu sehen)
- Falls ihr sie à la minute als cooles Dessert anrichten wollt, braucht ihr die Schalen nicht auszupinseln. Falls die Pavlovas aber etwas länger knackig bleiben sollen, müsste man sie unbedingt mit weißer Schokolade auspinseln. Dazu die Schokolade einfach über dem Wasserbad schmelzen, dünn mit einem Pinsel in der Mulde für die Füllung auftragen und anziehen lassen.
- Zwei bis drei der abgetropften Rhabarberstücke hineingeben. Jeweils ein Joghurtmousse daraufsetzen und mit frischen Himbeeren ausdekorieren.
1 comment
Das hat super geklappt mit dem Baiser